Angesichts fortschreitender Digitalisierung schlagen Berater der Bundesregierung einen Rechtsanspruch auf berufliche Weiterbildung vor. Um Arbeitslosigkeit vorzubeugen, müsse Deutschland ein System etablieren, das auch älteren Menschen qualifizierte Weiterbildung ermögliche, argumentierten die Experten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag. Die Empfehlung ist Teil eines aktuellen Gutachtens, das die Experten zur Zukunft der Arbeit erstellt haben.
Längst nicht alle Unternehmen seien aktiv, wenn es darum gehe, ihren Beschäftigten im Job berufliche Weiterbildung zu ermöglichen, sagte Beiratsmitglied Jens Südekum, Professor für internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung könne helfen, diese Lücke zu beheben. Er müsse dafür aber so angelegt sein, dass Unternehmen selbst definieren könnten, welche Art von Weiterbildung in ihrem Interesse liege.
Bislang gehört ein Rechtsanspruch auf berufliche Weiterbildung nicht zu den Plänen der Bundesregierung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte Anfang des Jahres aber angekündigt, die Weiterbildung in Deutschland deutlich ausweiten zu wollen. Unter anderem schwebt dem Minister vor, Beschäftigten eine staatlich geförderte Auszeit für die Weiterbildung zu ermöglichen.
Die Experten des Wissenschaftlichen Beirats warnten davor, die anstehenden Herausforderungen am Arbeitsmarkt zu unterschätzen. Zwar steuere Deutschland durch den technologischen Wandel aktuell nicht auf eine Massenarbeitslosigkeit zu. Das bedeute aber nicht, dass es „bei den jetzt anstehenden Wellen der Digitalisierung“ nicht zu „problematischen Arbeitsmarkt- und Verteilungseffekten“ kommen könne.
So könne sich in Deutschland strukturelle Arbeitslosigkeit entwickeln, wenn in einigen Branchen Arbeitsplätze abgebaut und in anderen gleichzeitig händeringend Fachkräfte gesucht würden. Auf diese Weise könnte den Experten zufolge ein „Mismatch“ entstehen mit Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und innovativen Jobs ohne die passenden Fachkräfte auf der anderen Seite. „Auf diese Situation sollte sich die Politik einstellen“, mahnte Südekum. Nötig sei auch ein technologischer „Aufholprozess“. Deutschland habe bei vielen der neuen Technologien „nicht mehr den Status eines globalen Technologieführers“, stellten die Experten fest.